Planung der Rettungs- und Fluchtwege In Unternehmen
Damit in einem Notfall Gebäude oder einzelne Bereiche schnell geräumt werden können, gibt es Regelungen und Verordnungen, wie die Arbeitsstättenverordnung oder die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, etwaige Gefährdungen für seine Arbeitnehmer/innen am Arbeitsplatz oder bei bestimmten Tätigkeiten zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen zum Schutz in Notfällen zu treffen. Neben den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung gelten auch baurechtliche Vorschriften, auf die an dieser Stelle jedoch nicht im Detail eingegangen werden soll. Die Unterscheidung findet sich vor allem darin, dass bei der Arbeitsstättenverordnung auf den Schutz der Belegschaft geachtet wird – hier ist dann die Rede von Fluchtwegen. Bei den Brandschutzvorschriften des Baurechts steht die Rettung in öffentlichen Gebäuden im Vordergrund, weshalb dann die Bezeichnung Rettungswege verwendet wird.
Brandschutzbeauftragte und Sicherheitskonzept
In der Arbeitsstättenverordnung wird der Schwerpunkt auf die Unterstützung von speziell geschulten Belegschaftsangehörigen wie Brandschutzbeauftragten gesetzt, die dabei helfen sollen, dass die vom Notfall betroffenen Gebäude schnellstmöglich über Fluchtwege und Notausgänge verlassen werden können. Gemeinsam mit den unterwiesenen Mitarbeiter/innen und geprobten Evakuierungen soll so ein Gesamtkonzept für Sicherheit in Notfällen entstehen. Alle Beschäftigten müssen vor Aufnahme der Tätigkeit und dann regelmäßig mindestens jährlich in sicherheitsrelevanten Fragen informiert werden. Die Erstellung dieses Sicherheitskonzepts liegt im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers.
Fluchtwege
Entsprechend den örtlichen und betrieblichen Gegebenheiten muss die Anzahl der Fluchtwege festgelegt werden, die schnellstmöglich ins Freie oder in einen anderweitig geschützten Bereich führen müssen. Kriterien dafür, ob ein zweiter Fluchtweg benötigt wird, sind beispielsweise die Anzahl der anwesenden Personen, bei Geschossen mit einer Grundfläche von mehr als 1600 Quadratmetern beziehungsweise Lager- oder Produktionsräumen von mehr als 200 Quadratmetern. Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, dass die Fluchtwege, Türen oder Notausstiege zu keiner Zeit verschlossen oder versperrt sind. Hierauf müssen auch entsprechende Beschilderungen hinweisen. Grundsätzlich müssen alle Fluchtwege, Türen und Notausgänge ausreichend gekennzeichnet und beleuchtet sein. Bei der Beleuchtung muss sichergestellt sein, dass diese auch bei einem Stromausfall funktioniert. Gegebenenfalls müssen auch Leitsysteme an exponierten Stellen installiert werden, beispielsweise bei mehrstöckigen Gebäuden oder wenn davon auszugehen ist, dass sich viele nicht ortskundige Personen dort aufhalten.
Barrierefreie Fluchtwege und Notausgänge
Grundsätzlich müssen bei der Planung der Fluchtwege auch die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen berücksichtigt werden. Das gilt beispielsweise für den funktionierenden Alarmierungsvorgang bei Seh- oder Hörbehinderung oder auch bei der Anbringung von Hinweistafeln oder Türöffnern für Rollstuhlfahrer oder Kleinwüchsige in Augenhöhe. Für Rollstuhlfahrer müssen die Wege und Türen eine bestimmte Durchgangsbreite aufweisen und die automatischen Bedienelemente zum Öffnen von Türen dürfen höchsten auf einer Höhe von 0,85 Metern angebracht sein. Zudem muss berücksichtigt werden, dass für Beschäftigte, die zusätzlich in der Armmotorik eingeschränkt sind, die aufzubringende Kraft für diese Bedienelemente nicht höher als 25 N ist. Als Lösungsansatz für den Fall, dass eine Barrierefreiheit nicht vollständig umgesetzt werden kann, können auch individuelle Möglichkeiten genutzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Patenschaften, bei denen einzelne Personen bestimmten behinderten Beschäftigten zugewiesen werden und sich um diese in Notfallsituationen kümmern.
Vorgeschriebene Maße der Fluchtwege und Durchgänge
Die Länge der Fluchtwege richtet sich nach der Nutzung der betreffenden Räume. Es gelten:
- Maximal 20 Meter bei explosions- oder giftstoffgefährdeten Räumen
- Maximal 25 Meter bei Räumen mit erhöhter Brandgefährdung ohne eigenständige Löscheinrichtung
- Maximal 35 Meter bei Räumen mit normaler Brandgefährdung
Die Breite von Türen und Durchgängen richtet sich nach der Anzahl der dort potenziell anwesenden Personen. Es gelten:
- Bis 5 Personen – 0,875 Meter
- Bis 20 Personen – 1,00 Meter
- Bis 200 Personen – 1,20 Meter
- Bis 300 Personen – 1,80 Meter
- Bis 400 Personen – 2,40 Meter
Sonstige Vorgaben (für Barrierefreiheit)
- Fluchtwege ohne Personengegenverkehr müssen eine Mindestbreite von 1,00 Meter haben. Bei Einbauten oder Türen darf dieses Maß dürfen 0,9 Meter nicht unterschreiten.
- Bei möglichem Gegenverkehr mit anderen Personen mit Behinderung muss die Mindestbreite 1,50 Meter sein.
- Bewegungsflächen vor Türen zum seitlichen Anfahren müssen gegeben sein. Diese sind:
1,50×1,50 Meter bei einer aufschlagenden Tür und 1,50x 1,20 Meter auf der Gegenseite.
Abschließende Bewertung
Auch wenn die Durchführung der Vorgaben und Regeln in der Praxis nicht immer reibungslos und einwandfrei funktioniert, muss sich der Arbeitgeber bewusst darüber sein, dass es in seiner Verantwortung liegt, die Vorgaben umzusetzen. Wenn ein Notfall eintritt und Menschen wegen der nicht sorgfältigen Umsetzung zu Schaden kommen, kann der Arbeitgeber haftpflichtig gemacht werden. Die Arbeitsstättenrichtlinien und die Bauordnung unterscheiden sich in einigen Punkten der Anforderungen. Eine Anpassung ist geboten und in Teilen geplant.